„Bei uns in München is des so.“*

Bericht vom Prozess vor dem OLG München

* Zitat Vorsitzender Richter in der Revisionsverhandlung zum FDJ-Verbot vor dem Oberlandesgericht München am 3. Mai 2016


Es wird aufgestanden, wenn das Hohe Gericht den Raum betritt oder es wünscht. Es wird der Saal geräumt, wenn das Gericht sich gestört fühlt. Es wird so laut oder leise gesprochen wie es dem Gericht eben passt.

In diesem Zungenschlag begann heute, am 3. Mai 2016, die Revisionsverhandlung zum FDJ-Prozess vor dem Oberlandesgericht  in München. Der Richter würgte und wand sich, versuchte verzweifelt, eine Stellungnahme zum Einigungsvertrag von 1990, mit dem die FDJ auch wieder in Westdeutschland zugelassen ist, zu vermeiden, scheute sich vor einer generellen Aussage über den Rechtszustand der FDJ mit allerlei kompliziertem Juristen-Sprech. Doch um den Freispruch kam er nicht herum: die Urteile von Amts- und Landgericht sind rechtmäßig! Der Angeklagte ist freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft plädierte in altbekannter, dümmlicher Manier auf Verurteilung. „Verboten ist verboten!“ ist ihr alter Tenor. An die FDJ-Westdeutschland könne sich zwar niemand mehr erinnern. Wer den Angeklagten mit der FDJ-Fahne sieht, würde zwar in aller Regel an die FDJ der DDR denken. Aber ob dies wirklich ganz generell gelten würde, sei zweifelhaft. Der Fahnenträger habe auch durch nichts zu erkennen gegeben, in welchem Zusammenhang er die Fahne tragen würde und auf welche FDJ er sich beziehen würde. Unter vollkommen falscher Parallelziehung zitierte der auf seinem Stuhl wippende, spöttische Staatsanwalt das BGH-Keltenkreuz-Urteil, das verkappte faschistische Symbole unter Strafe stellt. Was das mit dem Tragen des FDJ-Symbols zu tun haben soll, bleibt vollkommen im Unklaren. Wer sich heute auf das Verbot der FDJ von 1951/54 bezieht, das von Richtern gesprochen wurde, die schon unter dem Faschismus „Recht“ sprachen, der ignoriert die eigenen Grundlagen dieses „Rechtsstaates“ mit deren Hilfe die Annexion der DDR so reibungslos von statten ging. Der ignoriert, dass es 1990 doch eines Einigungsvertrages bedurfte, mit dem die FDJ auch wieder in Westdeutschland zugelassen ist.


Dieser billigen Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft schloss sich das Gericht nicht an. Es sprach den Angeklagten frei!


An die Münchener Staatsanwaltschaft I und alle anderen: Die FDJ ist nicht verboten! Oder es hat nie eine „Wiedervereinigung“ gegeben. Das haben wir immer gewusst, feiern aber trotzdem gerne all die Freisprüche als Punkt für uns.

Auf der Solidaritätskundgebung unter dem Motto "Es geht uns alle an!" vor dem Gebäude des Oberlandesgerichtes sprachen Vertreter aus der Gewerkschaft, der Linksfraktion im Stadtrat, von verschiedenen Jugendorganisationen und antifaschistischen Zusammenschlüssen. Der mit 50 Sitzplätzen ausgestattete Gerichtssaal war an so viel Öffentlichkeit nicht gewöhnt und mit 65 solidarischen Zuhörern übervoll.

 

Folgende Solidaritätserklärungen (Stand: 9. Mai) erreichten uns:

 

Aus der Presse:

Berichte über den Prozess:

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